Interview mit dem Bauherren

„Alte Steine machen glücklich“

In Obhausen baute Jürgen Merlitz von 1998 bis 2014 seinen Bauernhof zu einem kleinen Paradies aus.

Uli Glöckner, freie Journalistin, interviewte ihn über seine Motivation zu diesem außergewöhnlichen Projekt.

Herr Merlitz, Sie sind hier auf diesem Hof geboren – welche Erinnerungen aus Ihrer frühen Jugend sind geblieben?

Nun, es war im kalten Winter 1945, die Hebamme kam kaum durch den hohen Schnee, als ich die ersten Schreie von mir gab, sie kam zu spät, denn ich war schon da. (das erzählte mir meine Mutter)
Sobald ich laufen konnte, gab es kein Halten mehr, ich war mittendrin zwischen Kühen, Pferden, Schweinen, Hühnern und weiterem Getier. Es roch nach allem – im Stall, auf dem Hof und in der Scheune. Einfach aufregend, ein richtiges Landleben, mit bleibenden Erinnerungen.

An welche Begebenheiten denken Sie dabei?

Sorry, ich muss lachen, an viele. Ob Schlittenfahrten mit den Pferden, Getreideernten oder wenn wieder eine Sau an den Stallwandhaken hing. Später roch es nach Metzelsuppe und die schmeckte! Noch eins, jedes Mal, wenn der Tierarzt wieder weg war, stellte ich mich mit meinem älteren Kumpel Hartmut auf einen Schemel im Kuhstall und steckte den rechten Arm bis zum Anschlag in das Hinterteil der Kuh hinein – wie ich es beim Tierarzt abgeschaut hatte – ich wollte einmal Tierarzt werden.

Wenn ich das schöne Giebelbild in der Hofeinfahrt betrachte, verstehe ich Ihre Erlebnisse.

Ja, auf dem Bild sieht man meinen Großvater, meine jüngere Schwester und mich mit dem Hund Lord, die Gänse, das Schwein Wuzzi und die Katze Mausepeter. Mein Opa passte immer auf mich auf. Als ich gleich am ersten Tag meines Kindergartenbesuches abhaute, sprach er ein Machtwort mit meinen Eltern, so dass ich nie wieder in den Kindergarten musste. Ab sofort genoss ich eine wilde Freiheit auf dem Hof.

1997 kauften Sie das Anwesen wieder zurück. Was motivierte Sie dazu?

Ja genau, es musste eine zügige Entscheidung getroffen werden – Verzicht, oder eine Rückübertragung und -zahlung von Lastenausgleichskosten. Für mich gab es kein halten mehr – kaufen aber sofort! Visionen über eine Fortsetzung der jahrhundertealten Familientradition waren der Auslöser.

Herr Merlitz, wenn ich die Bilder der Bauabschnitte der letzten 12 Jahre betrachte, war dies sicherlich keine einfacher Weg

Keineswegs, meine Familie war dagegen, meine Freunde hatten große Bedenken und es gab einen Handwerker, der versuchte mich über den Tisch zu ziehen. Alle dachten, das schafft der nie.

Hatten Sie keine Angst?

Nein, nie. Als alter Lutheraner (Martin Luther ist 30 km von hier in Eisleben geboren) erinnerte ich mich an meinen Konfirmandenspruch, „Ich bin der Herr, dein Gott, der deine rechte Hand stärkt und zu dir spricht, fürchte dich nicht, ich helfe dir“ (Luther-Bibel 1912) – er half! Zusätzlich hatte ich Fachwissen in den Bereichen Bau, Finanzierung und Steuern. Alles ging Step by Step.

Laufend lese ich, dass hier in der Region vor allem junge Leute abwandern. Finden Sie trotzdem genügend Mieter?

Am Anfang war es nicht leicht, Mieter zu finden. Es gab auch viel Ärger und Verluste von Mieteinnahmen. Zwischenzeitlich gibt es aber einen Markt für schöne, preiswerte Wohnungen, da das Angebot an Neubauwohnungen knapp ist.

Die Region um Querfurt mit dem neuen Autobahnanschluss A38 hat sich in den letzten 20 Jahren vorbildlich entwickelt – haben Sie damit gerechnet?

Natürlich, die Anhaltiner und Schwaben – ich bin ja beides, sind Frühaufsteher. Wie heißt es? Der frühe Vogel frisst den Wurm. Obhausen bei Querfurt liegt mitten in Deutschland. Es ist ein Standort mit Zukunft in der Region Halle, Göttingen, Erfurt, Leipzig und Berlin. Frau Glöckner, klicken Sie mal bitte auf die Links meiner Homepage. Dann erhalten Sie ein motivierendes Bild von dieser schönen Region.

Richtig süß ist Ihr „Märchenhäuschen im kleinen Paradies“ neben dem Kinderspielplatz. Das gefällt sicherlich den Kleinen?

Aber Bingo! Als die Malerin Angélique das Kunstwerk erschuf, gab es einen richtigen Fanclub von Kindergarten- und Schulkindern, die das Geschehen begeistert beobachteten.

Herr Merlitz, Sie renovieren seit über einem Jahrzehnt mit natürlichen Baustoffen, wie Ziegel- Sand- und Feldsteinen. Was hat Sie dazu bewogen?

Auf diese gute Frage gibt es nur eine Antwort: Ich liebe diese alten, herrlichen Ziegelsteine, prächtige Biberschwänze (Dachziegel) mit ihrer herbstlichen Farbpalette und die aus der Region stammenden Feld- und Sandsteine. Beim Verbauen dieser Materialien macht mich jeder Stein glücklich! Die Feld- und Sandsteine kaufte ich schon vor Jahren vom Hotel „Querfurter Hof“, es war einst eine alte Stadtmauer. Ziegelsteine erhalte ich von abgerissenen Häusern. Antike Türen habe ich aus ganz Deutschland per e-Bay zusammengetragen.

Das ganze Anwesen hier ist sehr liebevoll gestaltet – welche Erfahrung machten Sie bei den handwerklichen Gewerken?

Hier konnte ich natürlich auf meine langjährige Erfahrung im Baubereich zurückgreifen. Alle notwendigen Baumaterialien wurden bei den umliegenden Handelsfirmen gekauft. Mit den hiesigen Handwerksbetrieben machte ich die besten Erfahrungen. Auch die Unterstützung seitens der Gemeinde Obhausen ist absolut lobenswert.

Nachdem nun fast alles vollendet ist, wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?

Natürlich werde ich jetzt einen Gang zurückschalten, es gibt im Kleinen noch unendlich viel zu optimieren. Pläne sind genügend vorhanden, aber ich werde die Arbeiten auf die kommenden Jahre aufteilen.

Danke, Herr Merlitz, für das Interview.

Nachgefragt im Januar 2021

Herr Merlitz, Sie wurden im letzten Jahr 75 Jahre alt und nun können Sie zwei weitere Gestaltungsobjekte, die Kate und den Bio-Park als gelungen verbuchen. Mehr als 3 Jahre benötigten Sie um ein Abrissobjekt, die alte Schmiede, zu einem harmonischen Wohnobjekt zu gestalten. Was hat Sie bewogen den Stress auf sich zu nehmen?

Ihre Frage kann ich mit Worten niemals konkret beantworten – da müsste ich schon ein begabter Schriftsteller sein, um das Erlebte niederzuschreiben.
Sicher ist nur, dass bei diesen unzähligen Herausforderungen Glücksgefühle in mir aufkamen, sei es beim Arbeiten mit alten und natürlichen Baustoffen oder beim Lösen von handwerklichen Herausforderungen. Das Beste ist: ich wähle die Sprache der Fotos – somit können alle Betrachter individuell etwas schön oder weniger schön finden. Und ich kann einem weiteren Hobby, dem Fotografieren meine Zuneigung schenken.